Der Sommer ist vorbei. Die Hormone bremsen ihren Fruchtbarkeitstanz. Aber sie sind noch aktiv genug, um mich zu diesem heißen Vergleichstest zu inspirieren: Welcher Lamborghini macht mich schneller zum unwiderstehlichen Frauenschwarm – Gallardo Spyder oder R8? Gallardo: der "kleine" Supersportler der Marke. V10-Herz, neuerdings 560 PS wild, Allradantrieb. Und in dieser Version oben offen für stürmische Zweierbeziehungen. Dagegen der R8: Das ist der größte und stärkste Traktor mit dem legendären Schriftzug Lamborghini. Praktisch (und faktisch) der Lambo unter den Landmaschinen. Bauer sucht Frau – mit diesem Über-Schlepper ein Selbstgänger. Oder sticht der Gallardo noch herzhafter? Jedenfalls passt der Rennkeil nicht minder zu dem Arbeitstitel, den wir von der RTL-Soap geborgt haben – etablierte Großstädter bezeichnen krawallig auftretende Möchtegern-Kosmopoliten halt gern als Bauern.
Nun bin ich ja ein Typ, der die Frauen kennt. Aber auch einer, den die Frauen nicht kennen wollen. Dafür hat der liebe Gott mir einfach zu wenig Ästhetik und Sex mit auf den Weg in Richtung Damenherzen gegeben. Das macht mich zur Idealbesetzung für diesen Vergleich. Denn so hängt meine Eindruckstiefe ins weibliche Gunstwerk einzig von der Strahlkraft der vielzylindrigen Sympathiebeschleuniger ab. Mit denen fahre ich, dem jeweiligen Klischee entsprechend verkleidet, die Punkte an, an denen sich das schöne Geschlecht traditionell tummelt. Dort messe ich meine neue Begehrlichkeit. Ein simpler Test. Erste Gallardo-Station: Hamburgs Berufsschule des Friseurhandwerks. Die war schon zu meiner Lehrzeit die erste Adresse für Nachwuchs-Gigolos – die Kfz-Gewerbeschule ist einen Steinwurf entfernt. Dumm nur, dass mir meine letzten drei versäumten Haarschneidetermine deutlich anzusehen sind.

Wird Blaube im Don-Johnson-Look zum Pausenclown?

Aber dafür habe ich einen bunt gefüllten Kleiderschrank, der jede Typberatung erübrigt. Ein beherzter Griff, schon stehe ich da wie der bemühte Don-Johnson-Mime in einer schlechten Castingshow – das perfekte Spyder-Styling. Pünktlich zur großen Pause fahre ich vor. Sofort ist der giftgrüne Traum von geschmackssicheren Mädels umkränzt. Während die Jungs, die gerade im aufregend getunten Opel Corsa B aus der Autoschrauberschule angereist sind, respektvoll Abstand halten. "Sind Sie reich oder so was?", fragt mich bewundernd die entzückende Denise, die als Erste den Beifahrersitz erobert. Eher "so was", denke ich. Während sich die Mädels um mich herum inflationär vermehren. Fast beängstigend, wie attraktiv der Gallardo mich hier macht – da bekomm’ ich Angst. Nichts wie weg. Eins zu null für den Sportwagen.

"Na, Schatzi, wie wär’s?"

Rein in die Trecker-Tracht. Jetzt noch die original Blockwartkappe, bekannt und beliebt von meinen Kontrollgängen durch die Eigenheimsiedlung – jawoll, ländlich-schick. Derart dekoriert erklimme ich den Hochsitz, zünde den wohlig vibrierenden Riesendiesel, gebe Gas. Fahrziel: die Hochpreis-Shoppingmeile Neuer Wall. Das Epizentrum solventer Städterinnen, die sich bestimmt von meinem exklusiven Rambo-Lambo betören lassen. Gemächlich rolle ich durch die Gassen, genieße das Panorama. Personenwagen? Wirken aus dieser Höhe wie Verkehrsberuhigungsbuckel. Vor der Edelboutique zirkele ich den Acker-Athleten in die Parkbucht. Steige hinab, räkele mich lasziv ins Felgenbett. Und warte. Tatsächlich bleiben ein paar feine Damen stehen, gucken neugierig. Doch auf mein einladendes "Na, Schatzi, wie wär’s?" hin nehmen sie fluchtartig Reißaus. Sind wohl doch keine idealen Jagdgründe für ländliche Liebhaber hier. Das meint auch Katerina, als sie mir im In-Lokal Zur alten Mühle ein aufbauendes Alkoholfreies serviert. Sie selbst ist gegenüber starken Männern mit noch stärkerer Motorisierung aufgeschlossener. Um zehn habe sie Feierabend, lässt sie mich ungefragt wissen – eins zu eins, notiere ich.

Mit dem Lamborghini- Traktor durch Dieter Bohlens Nachbarschaft

Ferruccio Lamborghini Jarama und Traktor
Reiterin Pia ist vom Auftritt unseres Aufreiß-Desperados hin und weg, Ramona verspürt indes Ekel und Abscheu.
Ab aufs Land. Genauer: zum Reithof im schönen Tötensen. Dieter Bohlens Villa ist gleich um die Ecke, weshalb teure Sportwagen hier zum Lokalkolorit gehören. Also nehme ich wieder den Traktor. Den Pferden ist mein stolzer Auftritt mit der Mistgabel, die ja angeblich als Amors Pfeil der Agrarkultur gilt, bekanntlich gleichgültig. Ihre Reiterinnen sehen ihn schon differenzierter. Die kühl-blonde Ramona findet mich einfach nur zum Abgewöhnen. Pia hingegen, brünett und nett, wirft mir spontan ihr Herz zu. Was spürbar am Lamborghini liegt, Führung für den Trecker. Klamotten wechseln, zurück in den Spyder. Nächster Halt: das Weinlokal Traubenzauber nahe der Reeperbahn, bekannt als Eldorado aufgeschlossener junger Frauen – nicht aber eines der ortsüblichen Rotlicht-Reviere, was den Wettbewerb verzerren würde. Und wieder ist das Bild gespalten. Während Swantje und Anna hungrig anbeißen, wirkt meine inzwischen routiniert lässige Darbietung auf die Nächste, die nicht minder entzückende Denise, total abtörnend – was für ein armseliger Angeber, denkt die junge Frau deutlich wahrnehmbar. Immerhin: Der Gallardo gleicht aus.

Wohin mit den Telefonnummern der ganzen Mädels?

Ferruccio Lamborghini Jarama und Traktor
Einlauf von der Hausmacht: Blaube buckelt vor seiner strengen Gattin.
Aber Zweifel bleiben. Klar, er ist ein Traumauto. Kantiges Tarnkappenbomber-Design, atemberaubend schnell, dabei erstaunlich zivilisiert – das ist Lamborghini live. Aber mal ehrlich: Wenn ich ihn mir leisten könnte, würde ich ihn keinesfalls als Persönlichkeitsbotschafter in der Damenwelt missbrauchen. Zumindest in meiner dortigen Zielgruppe wird er eher als peinlicher Potenzbeschleuniger wahrgenommen. Vor allem in dieser schrillen Farbe. Meine Frau, die gelegentlich ganz nett ist, bestätigt das eindrucksvoll. Als ich mich für den nächsten Testtag in Schale werfe, taucht sie unvermittelt auf. Was der alberne Fummel soll, will sie wissen, während sie den Gallardo keines Blickes würdigt. Apropos Gummistiefel: Der Rasen sei noch immer ungemäht, der Karnickelstall nicht ausgemistet. Und überhaupt: Weder hätte ich den Müll runtergebracht noch die Teppichfransen gekämmt, schimpft sie stinkwütend. Wie gesagt: Sie kann ganz nett sein. Aber die Bedingungen dafür muss ich erfüllen. Und zwar sofort und vollständig. Und so nimmt mein Herzensbrecher-Vergleich ein jähes Ende. Jetzt muss ich aber wirklich ... dafür habt Ihr sicherlich Verständnis. Bleibt zu klären, wohin mit den Telefonnummern der ganzen Mädels. Hat mal jemand ein Feuerzeug?

Lamborghini, eine wechselvolle Geschichte

Ferruccio Lamborghini, 1916 als Bauernsohn nahe Modena geboren, startet 1949 den Traktorenbau. 1960 eröffnet er ein Werk für Gasheizungen und Klimageräte. 1962, er gehört inzwischen zu den reichsten Unternehmern Italiens, fällt seine Entscheidung zum Bau von Hochleistungssportwagen. Vorausgegangen war ein Streit mit Enzo Ferrari über die ständigen Kupplungsdefekte seines 250 GT. "Du kannst eben nur Trecker fahren", soll der Commendatore sinngemäß gesagt haben – ein Affront gegen Lamborghini, der sofort einige namhafte Konstrukteure für die Entwicklung seines eigenen V12-Boliden anheuert. 1963 wird die Sportwagenfabrik eröffnet und der Prototyp 350 GTV präsentiert.
Ferruccio Lamborghini Jarama und Traktor
Unternehmerstolz in den letzten Zügen: Ferruccio Lamborghini zwischen Jarama und Traktor (1970).
Mit dem Mittelmotor-Supersportwagen Miura gelingt 1966 der Durchbruch. Doch 1971 gerät das Traktorenwerk durch stornierte Großaufträge aus Südafrika und Bolivien ins Schlingern. 1972 wird es vom Landmaschinenhersteller Same übernommen. Kurz darauf – der sensationelle Miura-Erbe Countach steht gerade in den Startlöchern – verkauft Lamborghini die Mehrheit seiner Sportwagenmarke an eine Schweizer Investorengruppe. Und zieht sich gedemütigt auf sein Landgut zurück, um sich fortan seiner großen Leidenschaft, dem Weinanbau, zu widmen. Automobili Lamborghini gerät 1977 in Konkurs, 1984 werden die Überreste von den Gebrüdern Mimran übernommen, 1987 erfolgt der Weiterverkauf an Chrysler, 1994 erneut – diesmal an eine indonesische Finanzgruppe.
Als Audi 1999 die legendäre Marke vor der drohenden Zahlungsunfähigkeit rettet, gerät sie endlich wieder in sicheres Fahrwasser. Der Gallardo, unter Audi-Ägide entwickelt und seit 2003 gebaut, ist mit fast 9000 Exemplaren inzwischen der erfolgreichste Lamborghini aller Zeiten. Darüber rangiert der Murciélago mit 640 bis 670 PS starkem Ur-V12. Der Landmaschinenhersteller Same fusionierte 1995 mit der deutschen Deutz-Fahr-Gruppe, heute werden die großen Lamborghini-Traktoren in Lauingen nordöstlich von Ulm gefertigt – praktisch als edle Design-Alternativen zu den technisch identischen Deutz-Modellen. Ferruccio Lamborghini sollte die Erfolge seiner ehemaligen Marken nicht mehr erleben: Er starb 1993 mit 76 Jahren.